Die erste große Tour führte uns Trail-Punks Gründungsmitglieder nach Rumänien. Der Traum eines jeden “echten” Offroaders. Die Bilder der Superkaparta vor Augen starteten wir ins Abenteuer. Wir, das waren: Janett, Tina, Nic & natürlich ich (der Rasta).
Schon komisch, ich sitze jetzt hier, es ist 2021 und ich versuche mich daran zu erinnern mit welchem Gefühl wir damals gestartet sind. Ja, richtig Gelesen es ist 2021, ich habe den Reisebericht 2017, gleich nach dem Trip verfasst, war aber mit dem Ergebnis noch nicht ganz zufrieden und hatte mir daher vorgenommen diesen nochmals zu überarbeiten. Dumm wenn man das Offline macht und über die Zeit immer wieder aufschiebt, letzten Monat hat dann Murphy´s Gesetz zugeschlagen und die Festplatte hingerichtet auf dem der Bericht die vergangenen Jahre vor sich hingedümpelt hat. Diesen und eine Handvoll anderer Beiträge die nie wirklich vollendet wurden. Wie dem auch sei, wieder eine Lektion gelernt. Schiebe Dinge nicht unendlich auf, Du weisst nie ob Du die Chance hast sie dann noch zu tun.
Genug der tiefsinnigen Betrachtungen. In Gedanken ist es Sommer 2017 und Tina & Nic hatten sich gerade das “Ja-Wort” gegeben. Unglaublich tolle Party. Der Blumenschmuck wurde vom Frosch entfernt, er war das Brautfahrzeug, und das Camping-Equipment wurde eingeräumt. Wenige Tage später ging es dann auch schon los. Zwei Schwesterfahrzeuge machten sich auf in Richtung Abenteuer. Drei Wochen Freiheit vor uns und ein Kribbeln der Vorfreude im Bauch, ich glaube das beschreibt es wohl am besten.
“Heiss wie Frittierfett” starteten wir mit Einbruch der Nacht in Bielefeld. Die erste Etappe führte uns bis nach Brünn in Tschechien.
Dort hatten wir uns im Vorfeld einen Campground am See ausgeguckt auf dem wir die folgende Nacht verbringen wollten. Beim wollen ist es allerdings dann auch geblieben, nach über 800 km standen wir dann am See. Dieser war gut besucht und vom Campingplatz keine Spur. Beides nicht schön. Wir stellten die Fahrzeuge auf einem “Parkplatz” zwischen einem Haufen Tagesgästen ab und starteten zu Fuß eine Erkundung der Umgebung. Erfolglos. Irgendwann sprachen wir einen jüngeren Spaziergänger an der mit seinem Hund unterwegs war. Es machte aufgrund seines Alters den Eindruck als könnten wir davon ausgehen dass er der englischen Sprache mächtig sein könnte. Treffer. Der junge Mann erklärte uns in gutem Englisch dass er nichts von einem Campingplatz wisse und erkundigte sich nach unseren Reiseplänen. Als wir erzählten dass wir auf der Durchreise nach Rumänien seien bot er uns prompt an in seinem Garten zu übernachten. Wir sollten einfach seinem Transporter folgen. Dumm dass ich mich gerade nicht mehr an seinen Namen erinnern kann. Nennen wir ihn der Einfachheit halber mal Tom. Tom sprang mit seinem Hund in einen nicht mehr ganz frischen Transporter, ich meine einen Transit, und gab Kette. Wir hatten ein wenig Mühe an ihm dran zu bleiben, der Weg führte uns direkt in die Innenstadt. So richtig wohl fühlten wir uns in der Situation irgendwie nicht, dass wir uns nach einer halben Stunde wilder Fahrt dann auf einmal in einer Sackgasse vor einem großen Tor wiederfanden machte es auch nicht wirklich besser. Links ein dichter Zaun und rechts eine Mauer von mindestens 3 Meter Höhe, bewehrt mit Stacheldraht und Überwachungskameras verwandelte unser Unwohlsein kurz darauf in ein richtig mieses Gefühl. Über Funk diskutierten wir bereits über ein Notfallprotokoll welches unverzüglich greifen sollte wenn die Situation noch komischer werden sollte. Das Tor öffnete sich und dahinter lag ein wunderschöner wilder Garten an dessen Ende eine in die Jahre gekommene Stadtvilla stand. Zögerlich parkten wir die beiden Fahrzeuge auf dem Grundstück, immer eine Hand an der dicken Maglite die wir in beiden Fahrzeugen als legalen Meinunsgverstärker griffbereit installiert hatten. Unsere beiden Frauen, mit den Hunden zur Bewachung, im Fahrzeug lassend befragten wir “Tom” über das Grundstück, die Mauer, den Stacheldraht und alles was uns nicht so wirklich koscher erschien. Bereitwillig, mit einem leichten Grinsen, klärte er uns auf. Also, Mauer, Stacheldraht und Kameras, sowie die jetzt erst sichtbaren Männer in schwarzen Anzügen und mit dunklen Brillen gehören zum “russischen Konsulat” und die Villa sei quasi besetzt. Das sei in Brünn ganz normal und auch soweit geduldet. Er lebe mit drei Mitbewohnerinnen seit ein paar Jahren in der alten Villa und alle vier studieren an Uni Produktdesign. So kann es gehen wenn man, auch gegen den eigenen Willen, erstmal vom schlimmsten Fall ausgeht. Beruhigt und glücklich verbrachten wir einen tollen Abend mit Tom und seinen Mitbewohnerinnen bei einem großen Lagerfeuer, ständig überwacht durch russische Konsulatsmitarbeiter und deren Infrarotkameras. “Tom” bot uns die sanitären Anlagen der Villa an und versorgte uns am nächsten Morgen mit einem reichhaltigen Frühstück so dass wir erst am frühen Nachmittag wieder starteten.
Mit einem Stopover in Ungarn erreichten wir an Tag 3 die rumänische Grenze in Arad. Hier verbrachten wir die Nacht auf einem Feld dass uns freundlicherweise von den ansässigen Roma zur Verfügung gestellt wurde. Wieder ein Vorurteil mit dem dringend aufgeräumt werden muss, nein wir wurden durch die netten Menschen weder belästigt noch ausgeraubt auch wenn die so genannten Zigeuner einen, nach unserer Erfahrung zu Unrecht, schlechten Ruf geniessen, leider auch bei den Rumänen selbst.
Ab dem Zeitpunkt an dem wir die Grenze passierten vermischen sich die Erinnerungen und Bilder im Kopf und ich kann heute eigentlich nicht mehr genau sagen was an welchem Tag oder in welcher genauen Reihenfolge passiert ist. Ich sollte mich irgendwann dazu überwinden die Reiseberichte tatsächlich schon während der Reise zu verfassen oder zumindest ein analoges Logbuch zu führen. In vier Wochen werde ich damit starten, ich nehme es mir zumindest mal vor. Im Hinsicht auf die geplante lange Reise muss ich mich da sowieso endlich mal disziplinieren.
Nun gut, sagen wir irgendwann erreichten wir den westlichen Karpatenzug. Endlich Freiheit und Abenteuer, ich erinnere mich noch daran dass wir den Reifendruck reduzierten als wir endlich das Asphaltband verliessen und zum ersten Mal auf dieser Reise ernsthaft Matsch und Schotter unter die MT`s nahmen. Unser Ziel war es so lange abseits der Zivilisation zu bleiben wie unsere Vorräte dies erlauben würden.
In den letzten Jahren haben wir ja das ein oder andere unter die Räder genommen aber ein Erlebnis werden wir wohl niemals vergessen. Es dauerte nur wenige Tage bis wir uns mit dem Leben und Fahren in der urtümlichen Landschaft eingegroovt hatten. Meistens führte uns unser Weg über mehr oder minder gut erkennbare Schotter- oder Matschpisten. Die meisten davon waren wohl irgendwann mal in den Wald geschlagene Rückwege, manche davon waren schon von der Natur zurück erobert. Also wurde grob nach Richtung navigiert und mit try & error probiert in der gewünschten Richtung zu bleiben. Wie gesagt wir fühlten uns wohl und nach wenigen Tagen stellte sich ein Gefühl der Sicherheit im Umgang mit den zu fahrenden Passagen ein. Alte Hasen eben 😉
Bis dann dieser eine Tag kam, der Tag an dem wir um ein Haar einen unserer Defender verloren hätten. Aber von Anfang an. Wir starteten bei bestem Sommerwetter, wie an den vorangegangen Tagen auch. Nach ein paar Kilometern und dem Bau einer kleinen Rampe über einen Wasserlauf erreichten wir eine relativ freie, leicht schräge Fläche. Offensichtlich war diese recht feucht, eine Quelle schien oberhalb des, an sich sanften, Hanges zu entspringen und sich über die Fläche zu ergiessen. Fahrspuren waren schon auf den letzten Kilometern keine mehr zu erkennen gewesen und so beschlossen wir die “Wiese” erstmal zu Fuß abzugehen. Bei der Begehung fiel auf dass sich der obere Teil zwar wesentlich feuchter aber dafür mit weniger Gefälle darstellte. Je weiter man hinunter ging desto steiler wurde der Hang, das war auf den ersten Blick nicht gleich ersichtlich gewesen. Vielleicht trugen die, durch Bäume und Gebüsch verursachten, Licht- und Schattenspiele auch zu dieser Annahme bei. Nach kurzer Beratung beschlossen wir die Passage (ca. 200 Meter) langsam nacheinander zu befahren und zwar im oberen, feuchteren Teil.
Gesagt getan, langsam tasteten wir uns, natürlich in der Untersetzung, über die Wiese vor. Nic & Tina voraus, wir in einem guten Sicherheitsabstand folgend. Der zu Fuß gut tragende Boden stellte sich mit den Fahrzeugen allerdings als eine sehr schmierige Angelegenheit heraus und es dauerte nicht lange und wir mussten den Kurs leicht nach unten korrigieren weil sich der obere Teil als kaum befahrbar erwies. Genau genommen korrigierte sich der Kurs fast von alleine weil wir begannen quer zum Hang zu rutschen, Nic & Tina massiver als wir. Ich stoppte und schaute mich nach tragfesterem Untergrund um, platzierte den Frosch rückwärts auf einer halbwegs ebenen und etwas trockeneren Fläche und informierte Nic darüber dass wir warten bis er wieder auf tragfähigen Untergrund stoßen würde. In dem Augenblick begann sein Fahrzeug massiv zu rutschen. Und dann ging alles rasend schnell, aus dem Auto springen Gurte zusammentüddeln und über eine provisorische Umlenkung eine Sicherung am Fahrzeug anbringen. Alles was an Bergezeug vorhanden war plus ein paar zusätzliche Spanngurte waren nötig das Fahrzeug gegen rutschen und kippen zu sichern. Danach konnten Tina und die beiden Hunde den Defender verlassen. Doch damit war die Gefahr noch nicht gebannt. Da die Kippgefahr immer größer wurde mussten wir die Ladung vom Dach holen, zumindest die auf dem Dach verzurrten Boxen wurden mittels Durchtrennen der Zurrgurte vom Wagen getrennt. Dann erfolgte die eigentliche Bergung des Fahrzeugs. Da wir nicht mit Seilwinden ausgestattet waren wurde dies zu einer langwierigen Nervenprobe, Zentimeter für Zentimeter zogen wir Groot (Defender von Nic & Tina) mit dem Frosch aus der Gefahrenzone, gleichzeitig mussten die Gurte die wir am Dachträger angeschlagen hatten um das Kippen von Groot zu verhindern nachgeholt und auf Spannung gehalten werden. Eine knappe Stunde später war die Situation dann endgültig bereinigt.
Nach der Aktion war die gesamte Mannschaft in mental und körperlich an ihren Grenzen und gönnte sich einen doppelten Palinka auf das glücklich abgeschlossene Abenteuer. Leider gibt es keine Bilder die auch nur annähernd zeigen wie brenzlig die Situation für uns gewesen ist. Es hatte keiner die Zeit und die Nerven das zu dokumentieren.
Das soll mal einer sagen Alkohol sei keine Lösung. Spass beiseite, als der erste Schreck überwunden war drehten wir um, froh das nichts passiert war und …
falsch vermutet 😉
suchten uns einen neuen Weg an dem Schlamassel vorbei. An Abbruch war natürlich keine Sekunde zu denken. Von da an waren wir vielleicht etwas aufmerksamer. Nach ein paar weiteren Tagen war es an der Zeit für neue Vorräte zu sorgen, aus unerfindlichen Gründen zog es uns in Richtung Brasov. Dort steht das berüchtigte Schloß Dracula oder wie es richtig heisst Schloß Bran. Schon von weitem kann man das beeindruckende Bauwerk bewundern. Je näher man jedoch dem Gruselschloß kommt, desto mehr fällt auch der Touri-Rummel rund um das Schloß auf. Hier geht es zu wie in einem Freizeitpark, also der richtige Einstieg zurück in die Zivilisation. Nun waren wir schon einmal da, also wollten wir auch einen Blick hinter die Fassade werfen. Nach zwei Stunden Wartezeit war es dann auch endlich so weit, mit einer Gruppe von ca. 40 bis 50 weiteren Besuchern wurden wir eine gute Stunde durch das, mittlerweile als Museum genutzte, Gemäuer geführt. Im allerletzten Raum, in der obersten Turmspitze, war es dann endlich so weit, Spuren des Grafen Vlad (Dracul) wurden präsentiert. Dieser soll (angeblich) einige Zeit als Gast auf Schloß Bran verweilt haben. Wenn man sich allerdings ein wenig mit der Geschichte beschäftigt wird man schnell herausfinden das “angeblich” noch stark geschönt ist. Nachgewiesen hat Vlad III ca. 200 km südöstlich von Brasov in der Burg Poenari seinen blutigen Kampf gegen die türkischen Truppen geführt. However, ein Besuch von Schloß Bran lohnt für alle die sich für schöne historische Bauwerke und allerlei Exponate aus verschiedenen Epochen interessieren. Wer den Grusel-Kick sucht oder kein Freund von Massentourismus ist sollte sich mit einem Blick von außen zufrieden geben.
Einen Tipp kann ich jedoch zum Schloß Bran noch loswerden. Vor den Toren des Geländes befinden sich allerlei Geschäfte und Touristen-Stände. Mitten in dem Trubel gibt es eine Pizzeria mit einer schönen, durch 2 (Haupt-) Straßen begrenzten Terrasse. Es ist zwar nicht der ruhigste Ort aber die Pizza ist wirklich zu empfehlen. Auch das Preis-/Leistungsverhältnis war für die Umstände absolut in Ordnung.
Wie schon angemerkt ist es schwierig sich an alle Highlights der Reise zu erinnern, da auch ein großer Teil der Bilder mit der Festplatte ins Nirvana verschwunden ist kann ich mich auch daran nicht entlang hangeln. Sehr präsent ist dass wir nach dem Besuch in Siebenbürgen irgendwann Kurs auf das Schwarze Meer genommen haben. Für “Freisteher” wie uns ein Traum mitten in Europa. Wir standen nahezu alleine am großen Strandabschnitt unweit von Konstanza.
Nach ein paar Tagen Badespaß setzten wir unsere Reise in Richtung Bulgarien fort. Dort verbrachten wir weitere 3 Tage bei einem ehemaligen Studienkollegen von Tina. Er leitet dort eine Forschungsstation die sich hauptsächlich mit der Erkundung von Fledermäusen beschäftigt. Es war eine superschöne Zeit an der Station, wer hat schon die Gelegenheit nachts eine riesige Höhle mit mehreren tausend Fledermäusen zu besuchen oder mal eins von den kleinen Tierchen aus der Hand zu füttern.
Nach diesem Schlenker über Bulgarien mussten wir uns leider dann auch auf den Rückweg machen. Wir hatten bei 3 Wochen Reisezeit fast 7000 km abgespult und im Rückblick bereue ich keinen einzigen Meter dieser Tour.